Eltern (oder in meinem Fall Vater) sein, ist nicht immer die heile Welt und das entsprechende blabla vom Titelblatt der üblichen Magazine. Einiges geht einem auch gehörig auf den Zeiger. Man darf auch mal was scheiße finden. Zum Beispiel: Work-Kids-Balance. Davon reden sie ja alle: die Work-Life-Balance. Also einen Einklang zwischen Berufs- und Privatleben zu finden. Vor allem zeitlich. Seit ich Kinder habe, findet meine (also wirklich meine) private Zeit eher spät abends oder nachts statt. Geht das nur mir so und ich bin furchtbar unorganisiert? Ich stehe um 6:20 auf (sofern nicht ein Kind früher wach wird) und schaffe es – meist nur gerade so – Kind 2 pünktlich bei der Tagesmutter abzugeben. Um 8:30. Wie über zwei Stunden so schnell vergehen können, ist mir nicht ganz bewusst. Normalerweise läuft das, in wechselnder Reihenfolge und mit unterschiedlichen Trödel-Phasen – so ab: Kindern Frühstück bereiten. was sie mal mehr mal weniger einverleiben oder eben unter, auf, neben dem Tisch oder wahlweise auf sich selbst zu verteilen. Währenddessen versuche ich auf Durchzug zu schalten und den ersten, dingend notwendigen Kaffee zu trinken. Kinder anziehen Und was so dazu gehört. An guten Tagen schafft es Kind 1 allerdings auch, sich größtenteils selbst und auch fehlerfrei („Papa, ist das so richtig“) anzuziehen. In schöner Regelmäßigkeit kackt sich Kind 2 nahezu unmittelbar nach dem Anziehen, oder noch schlimmer: kurz bevor wir die Wohnung verlassen, nochmal großflächig ein. Haushaltsgedöns: Irgendwas kann man ja immer noch erledigen: Spülmaschine, Wäsche, Lego-Fallen beseitigen, Würgemale bei den Kindern überschminken. Selber anziehen: Ich weiß nich warum, aber meist ist dafür die wenigste Zeit. Ungefähr 10 Minuten bleiben mir dafür. Vermutlich sehe ich auch genauso aus, wenn ich das Haus verlasse. Und dann: raus. Vorher muss sich Kind 2 noch ausgiebig von seinem geliebten Stoffhasen verabschieden (SCHÜÜÜ, DER HASI!). Gerne mehrfach und mit akuten Trennungsängsten. Neulich habe ich das verdammte Karnickel mit ins Büro genommen, weil der Kurze ihn mit raus geschleppt hatte und keine Zeit mehr blieb, ihn wieder zurück zu bringen. Nur damit alle wissen, von welcher ausgesuchten Schönheit an Kuscheltier ich hier rede:
Hasi!
Vor der Tür rennen die Kinder jeweils in eine Richtung davon, während ich den Anhänger ans Fahrrad zwinge. Bei Regen finde ich sie schnell wieder: in der nächstgelegenen Pfütze. Auf der Fahrt wird diskutiert, wer zuerst abgeliefert wird. Da Kind 2 noch nicht diskutieren kann, gewinnt meist Kind 1 und wir halten zuerst am Kindergarten. Wo er sich – die Entdeckung der Langsamkeit – so trödelig auszieht, wie es nur geht. Dann schnell wieder raus und den nächsten abliefern. Mit viel Glück schaffe ich das vor 8:30. Sollte es später werden, ist die Tagesmutter weg. Auf irgendeinem Spielplatz deren Nummerierung ich bis heute nicht verstanden habe und ich sie entsprechend im kompletten Stadtteil suchen muss. Aber dann, ja dann habe ich endlich Zeit für die wirklich wichtigen Dinge. Kann entschleunigen, einigermaßen sinnvolle Gespräche jenseits Paw Patrol führen und einfach mal ich sein. Meint: ich bin im Büro. Im Großraumbüro mit 10 Kollegen und es kommt mir wie ein Wellness-Tempel nach den morgendlichen Strapazen vor. https://giphy.com/gifs/bublywater-work-tired-326joM06WxFNMSkPjj Da hier fast alle Kinder haben, halten sich die Mitleidsbekundungen der Kollegen in Grenzen. Hat ja jeder sein Päckchen zu tragen Kind in den Tag zu bringen. Entsprechend haben aber alle das gleiche Gefühl und den gleichen erleichterten Gesichtsausdruck, wenn man hier eintrifft: endlich Büro! Nach gemütlichen (und produktiven, der Chef liest hier mit) 8 Stunden schlägt das Pendel wieder in die andere Richtung: nach Hause hetzen, heimlich vor der Tür eine letzte Zigarette rauchen und Reins ins Chaos. jeder der Kinder hat, wird bestätigen: 17:30 ist meist nicht die Zeit für gute Laune. Nicht selten komme ich nach Hause und finde die Kinder heulend und sich prügelnd durchs völlig verunstaltete Kinderzimmer während Frau vergeblich versucht, sie auseinanderzubringen. Abendessen machen. Das Wort „Kochwein“ hat mittlerweile eine völlig neue Bedeutung für mich. Nach mehr oder weniger zähem Ringen um das Maß an Essen, das in den Kindern landen soll – der eine haut sich drei Portionen rein, der andere keine drei Gabeln – kommt der lustigste Teil des Abends: Schlafanzüge anziehen und der Gang ins Bett. In der Regel mehrfach pro Kind. Kind 2 gibt meist nicht eher Ruhe, bis man den Becher mit Wasser in seinem Bett einmal angehoben und danach wieder in die gleich Ecke, in der er vorher stand, gestellt hat. Hin und wieder kann es zudem noch sein, dass er sich auf Hasi gelegt hat und entsprechend eine Ewigkeit danach sucht und (sehr laut) ruft. Kind 1 lässt sich entweder eine Geschichte vorlesen oder diskutiert, warum er eigentlich noch gar nicht ins Bett muss oder kann. Irgendwann (so gegen 20:15) haben wir ihn aber meist geschafft. Und jetzt mit Flasche Bier und Tüte Chips rohem Gemüse und Obst auf die Couch. Nachdem man die verwüstete Bude notdürftig auf Vordermann gebracht hat. Jaaa, endlich Ruhe und irgendeine Serie durchbingen. Leider nein: kaum hat man es sich bequem gemacht schleicht sich Kind 1 ins Wohnzimmer. Reaktion in etwa so: https://giphy.com/gifs/sneaky-sneaker-tactics-4evNb4GhKJAvm Momentan hat er sich angewöhnt uns zurechtzuweisen: „Aber kein Fernsehen“ „ihr sollt nicht auf der Couch essen“ Äh… Okay, wir wollten sowieso ins Bett. Mit ein bisschen Glück kann man da auch mit nur 2 Pipi-Untebrechungen des Sohnemanns, der darauf besteht, jedes (jedes!) Mal seinen Toilettengang leidig zu kommentieren und anzukündigen, bis morgens liegenbleiben. Es sei denn, die Entleerung der Blase findet nicht am dafür vogesehenen Ort statt und man darf des Nachts noch Kinder um- und Betten beziehen. Auch Wochenenden waren früher anders. Heute sitzt man spätestens um halb 8 im Wohnzimmer und bespielt, befrühstückt, beruhigt, bespaßt, be-irgendwast die Kinder und haut sich einen Kaffee nach dem anderen in den Kopp. Der Rest des Tages wird meist nach Gusto und Laune der Kinder gestaltet. Und abends ist man dann viel zu oft viel zu müde um noch etwas zu unternehmen. Aber es sind ja nur zwei Tage, dann ist endlich Montag, endlich Büro.