Heute Nacht habe ich mal wieder geträumt. Und dabei hatte ich ganz schön Angst!
Ich trage Pferdeschwanz und einen grauen Tellerrock, der bis weit über die Knie geht, sowie eine hellblaue, ordentlich gebügelte Bluse. Neben mir stehen meine Freunde, die ebenfalls alle ähnlich gekleidet sind. Wir stehen an einem alten Gebäude und warten, es schaut aus wie ein alter Bahnhof. Alle stehen brav und ordentlich in Reihen an und irgendetwas passiert. Meine Hände schwitzen: Ich bin sehr aufgeregt.
Irgendwann verstehe ich: Ich befinde mich Anfang der dreißiger Jahre und wir werden gemustert. Ich werde von einem jungen Mann angesprochen, der mich mit polnischem Akzent bittet meinem Opa schöne Grüße auszurichten. Unsere Großväter hätten im letzten Krieg zusammen gekämpft. Ich werde traurig und muss an meine Familie denken…
Die Schlange bewegt sich langsam aber stetig vorwärts und ich trete unter das Vordach des Bahnhofes. Zwar war warten noch nie meine Stärke, aber das hier geht mir zu schnell! An der Wand hängt ein großer Schaukasten, der mir in Bildern mitteilt, wie ich feststellen kann, ob einer meiner Vorfahren nicht der „richtigen Rasse“ angehört. Am Boden des Glaskastens sieht man kleine Plastikfiguren, die Hakennasen und Glatzen tragen und herumkrabbeln wie kleine Käfer. Ich finde den Kasten schrecklich und muss wegsehen.
Nun stellt sich meine Freundin neben mich und sagt: „Vielleicht könnten wir ja gemeinsam zur Polizei!“ und ich höre mich, wie ich antworte: „Nein! Ich mag lieber Krankenschwester werden! Dann kann ich wenigstens helfen!“ Ich sehe in ihr verwundertes Gesicht, aber es bleibt keine Zeit zu antworten, denn die Schlange bewegt sich weiter vorwärts.
Ich kann durch den Torbogen sehen, wie in der Eingangshalle Leute untersucht und befragt werden: Ein Mann wird mit einem Stethoskop abgehört und soll laut husten, einer Frau wird erklärt, dass sie ab jetzt auf einem Bauernhof mithelfen soll, um dort ihre Kinder besser zu versorgen. Und einem Mann werden mehrere alte Tontöpfe auf den Kopf gesetzt, um die Größe des Kopfes zu vermessen.
Dann trete ich ein und werde gebeten meinen Pass abzugeben. Ein Mann befragt mich zu meiner Familie und woher mein „seltsamer“ Vorname stammt. Nun werde ich gefragt, was ich in Zukunft leisten könnte. Ich gebe zitternd an, dass ich gerne als Krankenschwester arbeiten würde. Man fragt mich weshalb und warum und ich antworte leise: „Dann kann ich Groß und Klein helfen.“ Jetzt fragt er mit scharfem und unangenehmem Unterton, ob ich auch der „niederen Rasse“ helfen würde – und ich bekomme kein Wort heraus. Ich merke wie ich furchtbare Angst bekomme und schlucken muss. Schließlich wache ich auf.
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Jetzt kann ich nicht mehr einschlafen, denn der Traum verwirrt mich und ich fühle mich kein bisschen erlöst davon wach geworden zu sein. Stattdessen habe ich Herzklopfen und schäme mich, dass ich zum Schluss keine Antwort herausbekommen habe: Bisher dachte ich doch von mir, dass ich Zivilcourage zeigen werde, wenn es darauf ankommt.