Ganz plötzlich ist sie da, die Fastenzeit. Bereits am frühen Morgen bemerke ich, dass sie mich dennoch unvorbereitet trifft!
In aller Frühe, sehe ich dem Bäckereifachverkäufer durch das große Bäckereifenster dabei zu, wie er frische Croissants in die Auslage legt, während die Brötchenkiste jedoch leer bleibt. Normalerweise kein Problem, aber darf ich mir denn nun überhaupt französisches Gebäck leisten? Fällt ein Croissant noch unter „Brot“ – oder müssen sonstige Backwaren an einem Einkaufssamstag erworben werden?!
Aus schlechtem Gewissen lasse ich es zunächst erst einmal sein (man möchte ja nicht gleich am ersten Tag alles falsch machen!) und gehe ohne etwas zu kaufen auf die Arbeit. Es wird mir bewusst, dass ich schlecht vorbereitet bin und ein Tag ohne Nahrung sehr lang werden kann…
Auf der Arbeit wird mir dann als allererstes von meiner aufgebrachten Arbeitskollegin mitgeteilt, dass der Kaffeeautomat noch immer defekt sei! Nicht schön, denn ich hatte heute noch keinen Kaffee – und etwas anderes zu trinken habe ich heute nicht dabei! Leider ist auch der Kaltgetränkeautomat -zum ersten Mal seit seiner Existenz- geplündert und leer! In gelben Buchstaben lese ich deutlich: Ausverkauft!
Da haben wohl alle Kollegen nach Kaffeeersatz gesucht…
Ich schleppe mich dustend durch den Arbeitsalltag. Nach Dienstende möchte ich nur noch nach Hause (ich habe Hunger!) und überlege die gesamte Fahrtzeit, was sich wohl essbares in unserem Kühlschrank befinden könnte. Ein Einkauf ist laut Fastenplan vor Samstag nicht drin…
Um mich ein wenig selbst zu quälen, drehe ich eine Runde durch meinen Lieblingsdrogeriemarkt und betrachte all die bunten Flaschen und Fläschchen, die erst wieder eingekauft werden dürfen, wenn alle Shampoo- und Duschgelflaschen, die in unserem Badezimmer schon offen und seit Monaten herumstehen, aufgebraucht sind. Im Kopf mache ich Pläne wonach ich als erstes duften könnte…
Um mich abzulenken kaufe ich Wasser. Für 8,84 Euro. Besser als nichts…
Da ein Broteinkauf ja nun erlaubt ist, zieht es mich zum Bäcker meines Vertrauens (Ich habe Hunger!). Beim Öffnen der Eingangstüre rieche ich frisch gebackenen Kuchen und erblicke eine Restladung Croissants – dafür aber leider kein Brot. Nirgends! Mit zittriger Stimme frage ich, ob es heute denn überhaupt kein Brot gäbe. „Doch, ja! Das gab es“, teilt man mir mit. „Es ist aber leider bereits ausverkauft!!!“
In mir macht sich Panik breit – Ich habe Hunger, ich habe Durst und das alles hier ist kein Spaß!!!
Ich bin kurz davor alles hinzuwerfen!
Als ich an der zweiten Bäckerei ankomme, steht dort eine Menschenschlange aus dem Laden bis auf die Straße. Normalerweise ein klarer „Hier-möchte-ich-jetzt-nicht-einkaufen-Grund“. Das Anstehen ist mir jedoch nun egal- ich brauche etwas zu essen! Dringend!
Als ich endlich an der Reihe bin, gibt es noch genau vier (!) Scheiben Kürbiskernbrot- eines davon ist nur noch Randstück. Auch das ist mir egal – und die 1,01 Euro für drei klitzekleine Scheibchen und etwas Rand verschmerze ich wortlos.
Unterwegs möchte ich gerne eine duftende Scheibe, wenn auch nur ein wenig, anknabbern, reisse mich jedoch zusammen: „Ich bin schon groß! Ich schaffe das! Ich werde nicht verhungern!!!“
Dann, endlich zuhause angekommen, empfängt mich ein hungrig brüllender Kater – Ich weiss was er durchmacht und kann ihn verstehen! So befülle ich ihm zuerst seinen Napf und wünsche von Herzen einen guten Appetit, noch bevor ich mich endlich ans „Brote“ schmieren mache.
Fünf Minuten später habe ich bereits alle vier Scheiben aufgegessen, aber satt bin ich noch nicht. So esse ich den Brotaufstrich nun aus dem Glas- ist ja schließlich kein Verstoß!
Während ich nun also beim Auslöffeln des Streichcremeglases bin, reproduziere ich meinen ersten Fastentag. Dabei beschleicht mich bereits die unbarmherzige Erkenntnis: Beim Fasten geht es um Verzicht!
Na, das kann ja heiter werden….