Nach einer Geburt im Krankenhaus und einer zuhause macht man sich so seine Gedanken – auch über den Beruf der Hebamme. Dazu durfte ich die befragen, die mich schon in meinen beiden Schwangerschaften und einer Geburt begleitet und unterstützt hat: Herzlich Willkommen, liebe Julia! 
Bildrecht: Julia
Stell dich doch bitte einmal kurz vor:
Ich bin Julia und habe erst in Berlin und dann in Köln Krankenschwester gelernt. Dabei habe ich in Deutschland, aber auch in Tanzania gearbeitet. Dort entstand auch meine Liebe zur Hebammerei: Besonders eindrücklich war es, als eine Gebärende sich im Bananenhain angelehnt an einen Baum hinhockte, um ihrem Kind mit Hilfe der Schwerkraft ins Leben zu helfen. 
Die Faszination der Geburtshilfe hat mich nie verlassen und ich konnte erfahrene Hausgeburtshebammen in Deutschland, Spanien und den USA begleiten. Mit der Grundlage „Krankenschwesterexamen“ verkürzte sich meine Hebammenausbildung auf zwei Ausbildungsjahre. Das Examen habe ich in Bensberg vor genau 20 Jahren gemacht. Mittlerweile arbeite ich als freiberufliche Hausgeburtshebamme in Köln.
Eine Hebamme kontrolliert auch die Herztöne und die Wehentätigkeit (CTG)
Wie wird man Hebamme und was muss sich ändern, damit wieder mehr Leute Hebamme oder Geburtshelfer werden?
 
In Deutschland kann man im Moment entweder eine dreijährige Lehre zur Hebamme machen oder vier Jahre an der Fachhochschule Hebammenwesen studieren. Nach drei Jahren macht man das Hebammenexamen – das machen alle – und an der Uni schliesst man nach vier Jahren mit einer wissenschaftlichen Bachelorarbeit ab.
In Zukunft soll es nur noch die vierjährige Ausbildung geben, um dem europäischen Standart näher zu kommen.
Die Medien spielen in unserer Zeit eine große Rolle: Es würde sehr helfen, die überaus positiven Seiten des Berufs aufzuzeigen, anstatt die Schwierigkeiten in den Vordergrund zu stellen, damit es wieder zu einem begehrten Berufsziel wird, Hebamme zu werden.
Schon von Anfang an steht einem die Hebamme zur Seite
Wie sieht ein typischer Tagesablauf bei dir aus?
Mein typischer Tagesablauf? Ich bin immer auf Abruf, falls sich eine Frau mit Wehen meldet. Ob Tag, Nacht, Samstag, Sonntag oder wann immer – und egal was ich privat geplant habe. Ansonsten kann ich morgens „ausschlafen“, da kaum eine Frau um 08.00 Uhr früh besucht werden will.Morgens mache ich so vier bis sechs Hausbesuche, je ca eine Zeitstunde, in den ersten zwei Lebenswochen des Säuglings fast täglich, danach weiter bei Bedarf (Stillschwierigkeiten, Babys Bauchnabel braucht Aufmerksamkeit, Baby weint sehr viel oder nimmt nicht gut zu, Wöchnerin hat Schmerzen, Rückbildungsprobleme, oder, oder). Wir reden über Schnuller und Milchpumpen, schlaflose Nächte, Bauchweh und was immer das Leben gerade bereit hält. Außerdem bade ich mit den Eltern das Baby und zeige die Babymassage nach Leboyer.
Wir bekommen die Babymassage gezeigt
Nach einer kurzen Mittagspause geht es oft in die Schwangerensprechstunde: Dort mache ich Vorsorgen, Akupunktur, Massage etc. oder gebe Hilfen bei Beschwerden. Täglich stehe ich dabei allen meinen Frauen bei Fragen und Schwierigkeiten per Mail zur Verfügung und natürlich muss auch die Dokumentation gemacht werden  – oder die Abrechnung.
Ansonsten biete ich noch Schwangeren- und Rückbildungsyoga an oder gebe Geburtsvorbereitungskurse. Ab und an unterrichte ich auch an der Fachhochschule für Hebammenwesen in Fulda.
Beim ersten Bad des Augustjungen ist auch der große Bruder dabei
Er genießt das sehr!
 
Gerade schließen leider viele Klinken. Welche Auswirkungen hat das auf deine Berufsgruppe und welche Möglichkeiten ergeben sich dadurch für dich?
 
Das Berufsbild Hebamme ist sehr vielseitig und erfordert Lebenserfahrung und Freude an der intensiven Zwischenmenschlichen Beziehung, eine gute Intuition ist hilfreich und entwickelt sich meist, ich kann nur viel Mut machen diesen wunderbaren Beruf zu erlernen: In wenigen Berufen wird soviel Sinnhaftigkeit und Freude erfahren und frau darf teilhaben an existenziellen Lebenserfahrungen. Natürlich bedeutet eine eins zu eins Betreuung am nicht zu planenden Geburtstag auch einen hohen Einsatz und sehr viel Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, die lohnt sich aber!Die Dauerrufbereitschaft macht frau aber nicht über 12 Monate, eher vielleicht 6 Monate im Jahr. Eine gute Work-Life-Balance ist dabei sehr wichtig, um über Jahre, zu manchen Zeiten sehr intensiv und mit Freude, arbeiten zu können.
Die Hebamme kontrolliert das Gewicht des Babys
 
Du betreust Hausgeburten. Welche Möglichkeiten ergeben sich da für die Frauen?
 
Wann immer ein Kind geboren werden will, begleite ich die Eltern und insbesondere die Gebärende am liebsten in ihrer vertrauten Umgebung zu Hause. Jede gesunde Frau ohne Risiken, die in der Schwangerschaft eine intensive Vertrauensbasis zu Ihrer Hebamme aufgebaut hat, kann ihre Geburt zu Hause beginnen und im besten Falle auch zu Hause gebären. Besonders wohltuend ist dabei zum Beispiel ein Geburtspool, den wir über unsere Praxis verleihen: Das warme Wasser erleichtert den Wehenschmerz. Genauso förderlich kann auch die geburtsvorbereitende Akkupunktur oder die Selbsthypnose während der Geburt sein.
Bei der Hausgeburt stellt die Hebamme u.a. auch das Kinderuntersuchungsheft aus
 
Wo wird dein Weg hingehen, liebe Julia? 
 
 
In Tanzania habe ich zur Hebammerei gefunden und nächstes Jahr werde ich nach Ghana, Westafrika, gehen, um dort traditionelle Hebammen mit auszubilden: Eine weitere wunderbare Herausforderung im Beruf der HEBAMME.
Rückbildungsyoga macht Spaß!
Vielen Dank, liebe Julia, dass du dir so viel Zeit für unsere Fragen genommen hast!  Weitere Informationen findet ihr auch auf Julias Seite unter www.hausgeburt-koeln.de. Alle Bilder, außer dem Ersten: Eigene Bilder